Qualitätskriterien für Rechtsanwälte

So finden Sie den richtigen Rechtsanwalt

Nach einer Statistik der Bundesrechtsanwaltskammer gab es Anfang 2018 in Deutschland 165.857 zugelassene Rechtsanwälte, davon 13.711 im Bereich der für den hiesigen Raum zuständigen Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamm. Wie finden Sie daraus jedoch den gerade für Ihr Problem richtigen Rechtsanwalt?

Um es vorweg zu sagen: Ein Patentrezept gibt es nicht. Empfehlungen von Freunden und Bekannten sind gut, jedoch von Zufälligkeiten geprägt. Telefonbücher und Online-Branchenverzeichnisse sind Spiegelbilder der Werbe-Investitionsbereitschaft eines Rechtsanwalts, nicht jedoch seiner fachlichen Qualität. Hervorgehoben eingetragen wird, wer bezahlt. Die übrigen, nicht minder qualifizierten Rechtsanwälte erscheinen lediglich mit „Pflichteinträgen“, deren Entzifferung zuweilen eine Lesehilfe erfordert. Spezielle Suchmaschinen im Internet weisen nur Einträge von solchen Rechtsanwälten aus, die sich dort eingekauft haben.

Eine neutrale, wertungsfreie Auskunft erteilen die örtlichen Rechtsanwaltskammern über in ihrem Bezirk zugelassene Rechtsanwälte (z.B. www.rak-hamm.de > Anwaltsverzeichnis > Anwaltssuchdienst).

Eine Entscheidungshilfe können Angaben zum Ausbildungs- und Berufsweg des Rechtsanwalts sein; in vielen Fällen sind sie aus der Homepage des Anwalts ersichtlich. Letztlich spiegelt sich aber die Qualität eines Rechtsanwalts in seiner Berufstätigkeit wider. Nach dem Gesetz ist der Rechtsanwalt „Generalist“, also berufen, in allen Rechtsgebieten tätig zu werden, wenn auch vielleicht erst nach einer im Selbststudium durchzuführenden Einarbeitung. In der Praxis besteht jedoch eine Tendenz zur Spezialisierung, die durch Bildung von Interessen- oder Tätigkeitsschwerpunkten, beruhend auf der Selbsteinschätzung des Rechtsanwalts, gefördert wird.

Die Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung durch die Rechtsanwaltskammer erfordert hingegen eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit als Rechtsanwalt, den Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse durch Besuch eines fachbezogenen Lehrgangs von mindestens 120 Zeitstunden mit Leistungskontrolle sowie den Nachweis besonderer praktischer Erfahrung durch Vorlage einer Liste von (je nach Fachgebiet) 50 bis 100 selbst bearbeiteten fachbezogenen Rechtsfällen innerhalb der letzten 3 Jahre. Wer eine Fachanwaltsbezeichnung führt, muss der Rechtsanwaltskammer jährlich nachweisen, dass er auf diesem Gebiet wissenschaftlich publiziert oder an anwaltlichen Fortbildungsveranstaltungen von mindestens 15 Zeitstunden dozierend oder hörend teilgenommen hat.

Fachanwaltschaften wurden inzwischen für folgende Rechtsgebiete geschaffen (Zulassungszahlen per 01.01.2017 im Bereich der Rechtsanwaltskammer Hamm):

Agrarrecht (17)
Arbeitsrecht (1.234)
Bank- und Kapitalmarktrecht (85)
Bau- und Architektenrecht (260)
Erbrecht (221)
Familienrecht (1.203)
Gewerblicher Rechtsschutz (76)
Handels- und Gesellschaftsrecht (165)
Informationstechnologierecht (45)
Insolvenzrecht (144)
Internationales Wirtschaftsrecht (8)
Medizinrecht (189)
Miet- und Wohnungseigentumsrecht (350)
Migrationsrecht (0)
Sozialrecht (282)
Steuerrecht (521)
Strafrecht (394),
Transport- und Speditionsrecht (12)
Urheber- und Medienrecht (16)
Vergaberecht (7)
Verkehrsrecht (526)
Versicherungsrecht (156)
Verwaltungsrecht (190)

Trotz aller Spezialisierungstendenzen ist aber der Allgemeinanwalt kein Auslaufmodell. Er ist vielmehr für den rechtsuchenden Bürger der Lotse, der Zusammenhänge erkennt und, wenn für eine Problemlösung vertiefende Fachkenntnisse erforderlich werden, an Spezialisten verweist.

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